Was ist der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?

Tim Bogdan

29/08/2023

Fachlich geprüft

Dieser Artikel wurde geprüft von Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen, Facharzt für Neurologie und Gründer von Schlaganfallbegleitung, einer von Ärzten erstellten Informationsplattform rund um das Thema Schlaganfall.

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe „Demenz“ und „Alzheimer“ häufig als gleichbedeutend benutzt. Das ist falsch. Der medizinische Begriff „Demenz“ beschreibt das Nachlassen geistiger Fähigkeiten wie Gedächtnis, Denkvermögen und Verstand. Die Ursachen einer Demenz sind sehr vielfältig. Allerdings ist die häufigste und damit bekannteste Ursache der Morbus Alzheimer. Der Unterschied ist also: Jede Alzheimer-Erkrankung geht mit einer Demenz einher, aber nicht jede Demenz ist Folge einer Alzheimer-Erkrankung.

Am häufigsten tritt neben Alzheimer (bzw. korrekterweise der Alzheimer-Demenz) die vaskuläre Demenz, die frontotemporale Demenz sowie die Lewy-Körperchen-Demenz auf. Die Frage sollte also nicht heißen, worin der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz liegt, sondern vielmehr, worin sich Alzheimer und andere Demenzformen unterscheiden. Genau dieser Frage wollen wir im Folgenden auf den Grund gehen.

Unterschied: Alzheimer und vaskuläre Demenz

Wenn man sich mit den Unterschieden zwischen Alzheimer und anderen Demenzformen auseinandersetzt, macht es Sinn, als Erstes einen Vergleich zwischen Alzheimer und vaskulärer Demenz zu ziehen (es gibt aber oft auch Mischformen, s. unten). Denn die beiden sind die häufigsten Formen von Demenz1

Vaskuläre Demenz ist häufig das Ergebnis von Schädigungen im Gehirn, die durch einen oder mehrere Schlaganfälle verursacht werden. Diese Schlaganfälle können aufgrund von Verstopfungen in den kleinen Blutgefäßen des Gehirns auftreten, was wiederum zu einem unzureichenden Blutfluss zu bestimmten Gehirnregionen führt. Bei der Alzheimer-Krankheit handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, bei der die Gehirnzellen nach und nach absterben. Obwohl die genaue Ursache der Alzheimer-Krankheit nicht vollständig bekannt ist, spielen Ansammlungen von Beta-Amyloid-Proteinen im Gehirn eine Rolle bei der Schädigung von Gehirnzellen. Schlaganfälle sind normalerweise nicht mit der Krankheitsgeschichte von Alzheimer-Patient:innen verbunden.

Auch in puncto Beginn und Verlauf kann es zu entscheidenden Unterschieden kommen: Während die Alzheimer-Demenz meist schleichend beginnt und die Symptomatik eher langsam zunimmt, tritt die vaskuläre Demenz in der Regel plötzlich auf und die Symptome nehmen sprunghaft zu. Der Verlauf kann auch stufenweise sein, wobei sich der Zustand nach jedem neuen kleinen Schlaganfall verschlechtert. Wichtig zu wissen: In einigen Fällen kann auch die vaskuläre Demenz einen schleichenden und langsamen Verlauf nehmen.

Im Gegensatz zu Alzheimer sind bei der vaskulären Demenz oftmals Lähmungserscheinungen und Taubheitsgefühle zu beobachten. Diese Symptome sind meist das Ergebnis von Schlaganfällen oder anderweitigen Durchblutungsstörungen im Gehirn.1

In Bezug auf die Geschlechterverteilung ist es so, dass bei der Alzheimer-Erkrankung keine klaren Unterschiede zwischen Männern und Frauen festzustellen sind. Bei der vaskulären Demenz hingegen zeigt sich eine höhere Prävalenz bei Männern.

Mischformen kommen häufig vor

An dieser Stelle ist es Zeit für ein großes Aber. Denn die oben beschriebenen Unterschiede spiegeln nicht immer die Realität wider. Warum? Weil viele Patient:innen nicht an der einen oder anderen Demenzform in Reinform leiden, sondern an einer sogenannten Mischform. Es ist nämlich oftmals der Fall, dass bei vaskulärer Demenz auch Alzheimer-typische Veränderungen im Gehirn beobachtet werden können. Durch genau diese Überschneidung der Krankheitsbilder kann die Diagnostik erheblich erschwert werden.

Unterschied: Alzheimer und frontotemporale Demenz

Zwischen Alzheimer-Demenz und frontotemporaler Demenz gibt es sowohl Parallelen als auch Unterschiede. 

Was das Auftreten der Alzheimer-Krankheit betrifft, manifestiert sich diese typischerweise ab dem 7. Lebensjahrzehnt. Im Gegensatz dazu tritt die frontotemporale Demenz früher, oft bereits zwischen dem 5. und 7. Lebensjahrzehnt, auf. Und erst einmal ausgebrochen, kommt es bei der frontotemporalen Demenz in der Regel zu einem schnelleren Voranschreiten als bei der Alzheimer-Demenz.

Ein weiterer Unterschied: Während die Alzheimer-Erkrankung in den meisten Fällen nicht familiär gehäuft auftritt, ist dies bei der frontotemporalen Demenz oft der Fall (in etwa der Hälfte aller Fälle).

Ein vorrangiges Symptom von Alzheimer ist die Beeinträchtigung des Gedächtnisses. Bei der frontotemporalen Demenz tritt eine solche Gedächtnisstörung hingegen seltener auf. Bei dieser Form der Demenz sind Veränderungen wie Vernachlässigung des eigenen Aussehens („Verwahrlosung“) oder mangelnde Körperhygiene charakteristischer. Bei Alzheimer wird eine Veränderung der Persönlichkeit meist erst in späteren Stadien bemerkbar.

Typisch für Menschen, die an frontotemporaler Demenz leiden, ist das Auftreten von innerer Unruhe – und das auch schon oft in frühen Krankheitsphasen. Bei Alzheimer-Patient:innen hingegen manifestiert sich Unruhe selten und erst in späteren Stadien. 

Menschen mit frontotemporaler Demenz zeigen häufig Symptome wie verminderten Antrieb, aber auch Zustände von Enthemmung und Euphorie. Ebenfalls typisch ist ein fehlendes Krankheitsbewusstsein bis hin zu fehlender Krankheitseinsicht. Solche Anzeichen sind bei Alzheimer eher selten.

Während bei Alzheimer-Patient:innen Störungen bei der Gesichtserkennung, Sprach- und Sprechprobleme sowie Inkontinenz meistens erst in späteren Krankheitsphasen auftreten, sind diese bei der frontotemporalen Demenz schon in früheren Stadien präsent.1

Unterschied: Alzheimer und Lewy-Körperchen-Demenz

Die Lewy-Körperchen-Demenz, auch Lewy-Körper-Demenz oder Lewy-Body-Demenz genannt, manifestiert sich in der Regel erst nach dem 65. Lebensjahr. Es ist bis heute nicht eindeutig geklärt, ob es sich bei dieser Form der Demenz um eine eigenständige Krankheit handelt oder ob sie eine Unterform der Parkinson-Krankheit mit früh einsetzender Demenz darstellt. Personen mit Lewy-Körperchen-Demenz zeigen Symptome, die man sowohl von Alzheimer als auch von Parkinson kennt. Zudem gibt es bekannte Mischformen dieser drei Krankheitsbilder. Vermutlich sind Männer häufiger von der Lewy-Körperchen-Demenz betroffen als Frauen.2

Während sich der Zustand von Alzheimer-Patient:innen langsam und in der Regel stetig verschlechtert, ist der Verlauf bei der Lewy-Körperchen-Demenz oft schwankend. So kann die kognitive Leistungsfähigkeit im Verlaufe eines Tages oftmals erheblich variieren, sodass Gedächtnisstörungen und verlangsamtes Denken bisweilen kommen und wieder gehen. Wichtig: In der Regel treten die Gedächtnisstörungen bei Alzheimer viel früher als bei der Lewy-Körperchen-Demenz auf.

Ein weiterer erheblicher Unterschied: Während visuelle Halluzinationen bei Alzheimer nur selten zu den frühen Symptomen zählen, treten sie bei der Lewy-Körperchen-Demenz sehr häufig schon am Anfang der Erkrankung auf. Diese Halluzinationen fallen oft sehr detailliert aus. Betroffene sehen zum Beispiel Menschen oder große Tiere, was bei ihnen große Angst auslösen kann.

Gegenüber Neuroleptika – also Medikamenten, die gegen solche Sinnestäuschungen wirken – reagieren Menschen mit Lewy-Körperchen-Demenz oft überempfindlich, während Alzheimer-Patient:innen diese Medikamente in der Regel gut vertragen. Neuroleptika können bei Betroffenen von Lewy-Körperchen-Demenz Bewegungsstörungen verstärken, das Bewusstsein eintrüben lassen oder dazu führen, dass die Betroffenen in einen tagelangen Tiefschlaf fallen.2

Wie oben schon beschrieben, zeigen Betroffene von Lewy-Körperchen-Demenz oft und schon in frühen Stadien Parkinson-typische Symptome, besonders Rigor, eine erhöhte Muskelspannung, die zu einer Steifheit der Muskulatur führt. Er ist eines der Hauptmerkmale der Parkinson-Krankheit, neben Tremor (Zittern) und Bradykinese (verlangsamte Bewegungen). Bei Alzheimer treten solche und andere neurologische Symptome selten und wenn überhaupt in späten Stadien auf.3

Aber: Unterschied zwischen Alzheimer- und Lewy-Körperchen-Demenz nicht immer eindeutig

Wie schon im Falle der Unterscheidung zwischen der Alzheimer- und der vaskulären Demenz sieht es leider in der Praxis nicht so trennscharf aus. Forscher sind nämlich auf eine spezielle Alzheimer-Variante gestoßen, bei der sich im Gehirn nicht nur die Alzheimer-typischen Plaques bilden, sondern eben auch Lewy-Körperchen. Mit der Folge, dass sich die Symptomatik überlappen kann.1

Steckbrief: Alzheimer vs. 3 Demenzformen

Ort der Gehirnschädigung:

    • Alzheimer: Bereiche des Gehirns, die für das Gedächtnis verantwortlich sind, insbesondere der Hippocampus.4
    • Vaskuläre Demenz: Verschiedene Bereiche des Gehirns, abhängig von der genauen Lage und Art der Gefäßschäden.
    • Frontotemporale Demenz: Hauptsächlich die frontalen und temporalen Hirnlappen.
    • Lewy-Körperchen-Demenz: Gehirnzellen in verschiedenen Teilen des Gehirns, einschließlich dem Kortex, sind durch die Ansammlung von Lewy-Körperchen betroffen.

Beginn und Verlauf:

    • Alzheimer: Meist nach dem 65. Lebensjahr mit stetigem Gedächtnisverlust.
    • Vaskuläre Demenz: Kann in jedem Alter auftreten, oft nach einem Schlaganfall oder kleineren, unbemerkten Gehirnblutungen.
    • Frontotemporale Demenz: Frontotemporale Demenz: Zwischen dem 40. und 65. Lebensjahr, beginnend mit Verhaltensänderungen oder Sprachstörungen.
    • Lewy-Körperchen-Demenz: Meist nach dem 65. Lebensjahr, kann mit motorischen Symptomen (Parkinson-ähnlich) oder kognitiven Symptomen beginnen.

Hauptsymptome:

    • Alzheimer: Gedächtnisverlust, Schwierigkeiten beim Planen und Organisieren.
    • Vaskuläre Demenz: Abhängig von der genauen Lage des Gefäßschadens; Gedächtnisprobleme, Denkschwierigkeiten und/oder motorische Probleme.
    • Frontotemporale Demenz: Persönlichkeits- und Verhaltensänderungen, emotionale Abflachung und/oder Sprachstörungen.
    • Lewy-Körperchen-Demenz: Fluktuationen in der Aufmerksamkeit und Wachheit, Halluzinationen, motorische Symptome wie bei Parkinson.

Familiäre Häufung:

    • Alzheimer: Selten.
    • Vaskuläre Demenz: Seltener als bei anderen Demenzformen (vgl. frontotemporale Demenz). Familiäre Häufung oft indirekt (hängt mit Risikofaktoren für vaskuläre Erkrankungen zusammen, die wiederum das Risiko für vaskuläre Demenz erhöhen können).
    • Frontotemporale Demenz: Ca. 40-50% der Fälle.
    • Lewy-Körperchen-Demenz: Weniger häufig familiär gehäuft.

Diagnose:

    • Alzheimer: Klinische Symptome, MRT, Liquoruntersuchung.
    • Vaskuläre Demenz: MRT oder CT zur Identifikation von Schlaganfällen oder kleineren Gehirnblutungen.
    • Frontotemporale Demenz: Neurologische und neuropsychologische Untersuchung.
    • Lewy-Körperchen-Demenz: Klinische Symptome, manchmal unterstützt durch bildgebende Verfahren.

Quellen

1NetDoktor. Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz. Verfügbar unter: https://www.netdoktor.de/krankheiten/demenz/unterschied-zwischen-alzheimer-und-demenz/. Letzter Zugriff: am 18. August 2023.

2Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE). Lewy-Körper Demenz. Verfügbar unter: https://www.dzne.de/aktuelles/hintergrund/lewy-koerper-demenz. Letzter Zugriff: am 18. August 2023.

3Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e.V. Parkinson hat viele Gesichter. Verfügbar unter: https://parkinson-gesellschaft.de/fuer-betroffene/die-parkinson-krankheit?dpg/spende. Letzter Zugriff: am 18. August 2023.

4Alzheimer Forschung Initiative e.V. Die Alzheimer-Krankheit. Verfügbar unter: https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/. Letzter Zugriff: am 18. August 2023.

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