Infektionskontrolle in der ambulanten Pflege: Maßnahmen und Strategien

Tim Bogdan

18/03/2024

Weltweit leidet etwa jeder 10. Mensch an einer Infektion. Unabhängig davon, ob es sich dabei um eine bakterielle, virale, parasitäre oder mykotische Erkrankung handelt, besteht immer die Gefahr einer Übertragung und somit einer unkontrollierten Ausbreitung der Erreger. Während manche Personen über einen guten Immunstatus verfügen und ohne medizinische Hilfe dann von der Infektion wieder genesen, führen die Erreger bei anderen Menschen hingegen zu schweren Verläufen mit teilweise lebensbedrohlichen Zuständen. Insbesondere aufgrund des demographischen Wandels und der damit einhergehenden gehäuften Multimorbidität und Pflegebedürftigkeit ist deshalb eine gute Infektionskontrolle unerlässlich. So lässt sich nicht nur die Ausbreitung von Infektionen unterbinden, auch die damit einhergehenden Kosten von Behandlungen könnten so gesenkt werden.

Um bei dem Thema „Infektionskontrolle“ erfolgreich zu sein, genügt es aber nicht, einzelne Maßnahmen im ambulanten oder stationären Bereich umzusetzen. Vielmehr bedarf es der Einführung einer umfangreichen Routine zur Infektionsprävention, Infektionsüberwachung und Infektionsbekämpfung. Der Schlüssel stellen die Durchsetzung von nationalen Standards auf allen Ebenen der Pflege sowie der Einsatz der richtigen Produkte dar. Mithilfe von Fortbildungen kann das Personal dafür sensibilisiert werden. So ist es möglich, die Qualität und Sicherheit für alle zu gewährleisten.

Grundlagen der Infektionskontrolle zu Hause

Bei der Infektionskontrolle, auch Infektionsrevision genannt, geht es darum, die Häufigkeit von Infektionen zu reduzieren. Der Begriff bezeichnet also alle Maßnahmen und Verfahren, welche dazu dienlich sind, eine Infektionsausbreitung zu minimieren. Dies gilt nicht nur in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, sondern auch in Gemeinschaftsunterkünften (z. B. Asylunterkünfte) und vor allem im ambulanten Bereich.

Die Infektionsrevision umfasst demnach die Prävention, die Überwachung und die Bekämpfung. Es ist dabei unerheblich, ob die Aktivitäten allgemein sind oder auf spezifische Risikogruppen, Umgebungen oder Tätigkeiten abzielen.

Unterschiede zwischen Krankenhaus- und häuslicher Infektionsrevision

Nosokomialinfektionen, also im Krankenhaus erworbene Infektionen, stellen weltweit eine der größten Herausforderungen für das Gesundheitswesen dar. Denn sie können einerseits dazu führen, dass Menschen durch die zusätzlich erworbenen Erreger einen schweren Verlauf bzw. eine Komplikation der eigentlichen Erkrankung erleiden. Andererseits ist es möglich, dass die Nosokomialinfektion unbemerkt bleibt und die infizierte Person im häuslichen Umfeld unwissentlich die Erreger verbreitet. Aus diesem Grund gibt es in Krankenhäusern eine Reihe standardisierter Verfahren zur Infektionsrevision, die speziell für Kliniken mit einer hohen Frequentierung ausgelegt sind. 

Doch auch in der außerklinischen Pflege, wo einzelne Pflegekräfte deutlich weniger Patienten zu betreuen haben, hat die Infektionsrevision ebenso eine wichtige Rolle. Denn eine nach nationalen Standards und Expertenrichtlinien durchgeführte Infektionsrevision schützt sowohl die Patienten als auch das Personal vor Krankheiten. Ohne hinreichende Maßnahmen wäre die außerklinische Pflege nicht durchführbar, weil das Personal sonst potenziell schädigende Erreger verbreitet. Zudem könnte sich der Gesundheitszustand einzelner pflegebedürftiger Menschen ohne effektive Maßnahmen drastisch verschlechtern. Wenn das Personal die entsprechenden Maßnahmen einhält, werden bis zu 50 % aller Infektionen vermieden. Die Durchführung der Infektionsrevision ist deshalb unerlässlich.

Wichtigkeit der Fortbildung zum Thema Infektionskontrolle

Bereits im Zeitraum von 2006 bis 2009 führte der Öffentliche Gesundheitsdienst eine Langzeitstudie mit Schwerpunkt „Hygiene“ durch. Diese hatte das Ziel, Infektionen in der außerklinischen Pflege zu vermeiden, zu kontrollieren und zu bekämpfen. Das Expertenteam untersuchte dabei die Struktur- und Prozessqualität sowie personelle und organisatorische Voraussetzungen. Die Ergebnisse zeigten auf, dass die Infektionsrevision im häuslichen Umfeld umso besser war, je umfangreicher das Personal geschult wurde. Fortbildungen zu dem Thema sind also nicht nur sinnvoll, um die infektionsassoziierten Gefahren zu minimieren, sondern auch notwendig, um die Qualität in der Pflege zu sichern.

Einführung in die Prinzipien der Infektionsrevision

Infektionsquellen im Haushalt

Besonders in der ambulanten Versorgung werden fortlaufend Erreger in den Haushalt eingebracht, dort verbreitet oder verschleppt. Aus diesem Grund ist es wichtig, bestimmte Risikobereiche im Haushalt (Flur, Bad, Küche, Bett, …) zu identifizieren. Sind die potenziellen Infektionsquellen ausgemacht, kann ein spezielles Infektionsmanagement dazu erarbeitet werden. Dies ist jedoch nichts starr zu betrachten, da einzelne Gegebenheiten eine Anpassung der Maßnahmen erforderlich machen (z. B. Verschleppung von Schmutz durch Haustiere oder kleine Kinder, Verunreinigung des Fußbodens durch Erbrochenes, …).

Darüber hinaus ist es auch elementar, klare Hygienemaßnahmen für gemeinsam genutzte Räume und Gegenstände (vom Patienten und den Angehörigen) festzulegen. Nur so ist es möglich, eine effektive Infektionsrevision durchzuführen. Hierbei spielen die Häufigkeit einer Kontamination auf Gegenstände und somit die Wahrscheinlichkeit der Übertragung auf andere Personen eine wichtige Rolle. Die Einteilung gemeinsam genutzter Flächen und Gegenstände nach dem Expositionsrisiko kann hierbei hilfreich sein.

Persönliche Hygienemaßnahmen

Die Handhygiene und die Anwendung von Desinfektionsmitteln sind für die persönliche Hygiene von Pflegekräften und Patienten essentiell. Somit lassen sich viele Infektionen vermeiden. Denn Forschungen zufolge gelangen die meisten Erreger über die Hände auf andere Personen oder Gegenstände. Aus diesem Grund sollte ein besonderes Augenmerk auf die richtige Hände- und Flächendesinfektion zur effektiven Infektionsrevision gelegt werden.

Reinigung und Desinfektion

Diverse Hersteller offerieren ein breites Portfolio an Reinigungs- und Desinfektionsmitteln. Sie sollen Sicherheit und Hygiene sowohl für das Personal als auch für die Patienten bringen. Doch die Auswahl der richtigen Produkte sowie die situationsgerechte Anwendung sind ein wichtiger Baustein für die erfolgreiche Infektionsrevision.

Um klinisch relevante Krankheitserreger abzutöten oder zu entfernen, müssen die Fachkräfte mittels erregerspezifischer Reinigungs- oder Desinfektionslösung abspülen. Das bloße Wischen führt lediglich zu einer Verteilung der Erreger auf Hände, Kleidung, Oberflächen und Gegenstände. Zudem bedeutet die Infektionsrevision nicht, zu festgelegten Zeiten eine Säuberung durchzuführen, sondern im täglichen Umgang hygienische Maßnahmen gezielt und situationsadaptiert anzuwenden.

Schutzmaßnahmen für Pflegekräfte und Angehörige

Der Einsatz von Schutzkleidung und Schutzausrüstung trägt zu einer signifikanten Minimierung der Keimausbreitung bei. Studien belegen, dass Handschuhe, Schutzkittel, Mundschutz und Schutzhaube die Gefahr einer Kreuzinfektion zwischen Personal und Patienten um bis zu 37 % reduzieren. Die Produkte sind so konzipiert, dass Sicherheit und Komfort einhergehen. Damit erhöht sich auch die Bereitschaft des Personals, Schutzmaßnahmen anzuwenden und so die Infektionsrevision zu sichern.

Umgang mit kontaminierten Materialien

Sämtliche Abfälle, welche bei der Pflege von hilfsbedürftigen Menschen anfallen, sind potenziell kontagiös und müssen aus diesem Grund in einem geschlossenen Behältnis über den Restmüll entsorgt werden. Keinesfalls ist es möglich, den Abfall in einem Behältnis der Allgemeinheit (z. B. Bad-Abfalleimer) zu sammeln.

Auch für den Umgang mit der Wäsche existieren spezielle Richtlinien. Abhängig von der Erregerart müssen Bettwäsche, Handtücher und andere Textilien der Pflege separat und mit eigens dafür konzipierten Reinigungsprodukten gewaschen werden. Infolgedessen lässt sich eine Keimverschleppung reduzieren.

Patientenaufklärung und –schulung

Das Thema „Infektionsrevision“ hatte lange Zeit ein eher negativ behaftetes Image. Aus diesem Grund ist es von größter Bedeutung, in den ambulanten Versorgungen eine Assoziation zwischen Hygiene und Gesundheit zu schaffen. Denn die Umsetzung von Hygienemaßnahmen im häuslichen Umfeld ist nur dann erfolgreich, wenn Patienten wie auch Angehörige bei der Infektionsrevision eine Mitverantwortung tragen. Dazu müssen Informationen über Hygienemaßnahmen jedoch evidenzbasiert, vollständig und individuell sein. Nur wenn spezielle Aspekte der einzelnen Versorgungen berücksichtigt werden, sind die Grundpfeiler der Infektionsrevision auch umsetzbar.

Umgang mit speziellen Situationen

Pflegekräfte wie auch Patienten und Angehörige müssen im Rahmen der Infektionsrevision auf etwaige Krankheitsausbrüche vorbereitet werden. Denn in den meisten Fällen greifen dann standardisierte Verfahren zur Eindämmung und Bekämpfung. Es ist essentiell, die jeweiligen Abläufe zu kennen und bei Bedarf richtig anwenden zu können.

Bewertung und Anpassung der Maßnahmen

Selbstverständlich ist es notwendig, alle Infektionskontrollmaßnahmen in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und zu evaluieren. Spezielle Feedback-Systeme helfen bei der Implementierung von Verbesserungsprozessen. Wir von hellomed sind gerne dabei behilflich und unterstützen Sie auf vielfältige Weise – ob Beratung, Medikationscheck oder Materialienanleitung. Vertrauen Sie auf unsere Apotheker und Pflegeexperten und verbessern Sie so die Qualität und Sicherheit Ihrer Patienten und Pflegekräfte.

Fazit

In den letzten 25 Jahren ist das Thema „Infektionskontrolle“ wieder vermehrt in den Fokus der Gesundheitsagenda gerückt. Dies hat dazu geführt, dass neue Programme zur Prävention, Überwachung und Bekämpfung entwickelt wurden. Auch der letzte WHO-Report betont die Notwendigkeit, Infektionskrankheiten auf allen drei Ebenen zu begegnen. Dies gilt es nicht nur in den Kliniken und Krankenhäusern umzusetzen. Auch im ambulanten Bereich gewinnt die Infektionsrevision immer mehr an Bedeutung, weil sich der Fokus stetig mehr von der stationären auf die ambulante Versorgung verschiebt. Gezielte Fortbildungen für Pflegekräfte zu dem Thema können helfen, Maßnahmen zur Infektionskontrolle nicht nur leitliniengetreu umzusetzen, sondern auch familienzentriert anzuwenden.

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